FAQ: Drei Monate Gefängnis? Das müssen Sie zum neuen Camper-Gesetz wissen!

In Griechenland gelten «neue» Regeln für Wohnmobile. Was ist erlaubt? Welche Strafen blühen Wildcampern? Rundumkreta klärt die brennendsten Fragen und Spekulationen.

Idyllisch, aber auf Kreta nicht erlaubt: Campen am Strand. Symbolbild: Kampus Production (Pexels)

1) Ist es mir auf Kreta (noch) erlaubt mit meinem Wohnmobil oder meinem umgebauten Van an einem einsamen Strand zu campen?

Nein! Das Wildcampen ist in Griechenland verboten. Das heisst, es ist nicht erlaubt, mit Ihrem Camper in der Nähe von archäologischen Stätten, von Küsten, an Waldrändern, am Strand oder sonst wo im öffentlichen Raum Ihr Lager aufzuschlagen oder das Wohnmobil dort abzustellen. Laut Gesetz drohen Geldstrafen von 300 Euro und mehr.

2) Ich habe gelesen, dass ich mit meinem Camper nicht einmal zum Einkaufen fahren darf. Stimmt das?

Das hat Georgia Karlou vom Hellenic Motorhome Club (HMC), dem griechischen Wohnmobil-Dachverband, gegenüber der Kathimerini tatsächlich behauptet. Es sei auch nicht erlaubt, zu parken, wenn einem unwohl sei. Ein kurzes Vertreten der Füsse oder ein Reiherchen hinter die Dünen wäre laut dieser Interpretation also unmöglich.

Die griechische Regierung betont jedoch in einer Stellungnahme, dass die allgemeine Park-Regelung selbstverständlich weiterhin gelte. Mit dem Begriff «Parken» (σταθμευση), der das bisherige «Niederlassen/Installieren» (εγκατάσταση) von Wohnmobilen ergänzt, dürfte folglich nicht das «gewöhnliche Parken» gemeint sein.

Vielmehr scheint die Regierung durch die Ergänzung klarmachen zu wollen, dass Wohnmobile an den in Antwort 1 erwähnten Orten auch dann nicht toleriert werden, wenn man keine Campingutensilien rund um den Camper ausbreitet.

Mit anderen Worten: Sie dürfen mit Ihrem Wohnmobil auch in Zukunft eine Pinkelpause machen. Sie dürfen es auch stehen lassen und in 30 Minuten durch den Palast von Knossos rennen, um 200 Fotos zu machen, die Sie dann nie mehr anschauen. Und Sie müssen natürlich nicht verhungern und dürfen zum Einkaufen fahren – immer vorausgesetzt, sie parken korrekt auf genug grossen Parkfeldern.

Wenn Sie dagegen auf dem Lidl-Parkplatz Ihren Campingtisch aufstellen und meinen, sich dort mit einer Dose Bier und Flachbildschirm das Fussballspiel Deutschland – Schweiz anschauen zu müssen, könnten Sie mit dem Gesetz in Konflikt kommen. Ebenso wenn sie Ihr Wohnmobil unter den Palmen am Vai-Strand oder im Schatten der Festung von Spinalonga abstellen, um im Gefährt ein Nickerchen zu machen (siehe Antwort 1). Und ihren Camper mehr als 24 Stunden in einem Wohngebiet parken, dürfen Sie auch nicht.

3) Ja darf man denn überhaupt (noch) etwas mit seinem Wohnmobil auf Kreta?

Ja, man darf. Und wahrscheinlich darf man nicht mehr und nicht weniger als vor der Veröffentlichung des «neuen» Gesetzes.

Was Sie mit Ihrem Wohnmobil ziemlich sicher dürfen: Korrekt parkend pinkeln oder zum Einkaufen fahren (siehe Antwort 2).

Was Sie auch dürfen: Auf einem der offiziellen Campingplätze Kretas anheuern. Camping Elizabeth in Rethymno etwa verfügt über Camper-Standplätze, oder auch Camping Koutsounari in der Nähe von Ierapetra.

Was Sie nicht dürfen: Wildcampen (siehe Antwort 1).

Aber das durften Sie eigentlich schon nicht, bevor das Gesetz mit der Nummer 5170/2025 (Artikel 25) verabschiedet bzw. erneuert wurde.

4) Campingplätze braucht doch kein Mensch! Wir stellen den Camper jeweils bei Kostas ab. Dürfen wir wenigstens das noch?

Auch das dürfen Sie! Vorausgesetzt Kostas will Sie auf seinem Grundstück haben. Oder Vasilis, Irini, Maria und der Rest Ihrer «freundlichen Freunde mit Land und grossem Herz» aus dem «sonnigen Griechenland, wo freies Camping genau so ein Mythos ist wie der Minotaurus.»

Ganz so dramatisch, wie es das Citymagazin formuliert, scheint es also nicht zu sein. Kostas darf Sie laut Gesetz nämlich auch weiterhin gratis beherbergen. Aber eben nur Sie allein.

Die Bewirtschaftung oder die Unterbringung (φιλοξενία) von mehr als einem Wohnwagen durch Privatpersonen ist in Griechenland nämlich verboten. Und zwar schon lange. Neu wurde das Gesetz allerdings durch das Wort «kostenlos» ergänzt. Das zeigt ein Blick auf alte Versionen.

Das heisst: Wenn Kostas mehr als einen Wohnwagen beherbergen will, dann muss er daraus ein Business machen. Und für dieses Business braucht er eine Genehmigung. So will Griechenland verhindern, dass illegales Gewerbe den lizenzierten Campingplätzen die Kundschaft abspenstig macht, wie die Regierung in einer Stellungnahme schreibt.

5) Wieso spricht Rundumkreta ständig von einer «neuen Version» des Gesetzes – laut Medien ist es brandneu?

Das kann man so und so sehen. In seiner exakten Formulierung ist Artikel 25 des Gesetzes 5170/2025, um den es hier geht, natürlich neu. Das heisst, ein paar wenige Begriffe wurden abgeändert oder ergänzt. In seiner Tragweite aber scheint das Gesetz nicht ganz so brandneu, wie das einige Medien und wohl auch der griechische Camper-Dachverband darstellen.

Es wurde nämlich in der aktuellen Form bereits im Januar verabschiedet. Und zwar durch das Parlament, wie es in Rechtsstaaten üblich ist, und nicht etwa quasi durch die Hintertür und wohl kaum auf Druck der EU, wie einige ganz gewiefte Blogger und Kommentarschreibende mutmassen.

So richtig interessiert hat das Gesetz bis vor Kurzem aber niemanden – bis die Kathimerini letzte Woche über ein paar Camper berichtete, denen die griechische Polizei bei Akrata auf der nordöstlichen Peleponnes eine Busse wegen Falschparkens aufbrummte. Weil die Themen Griechenland und Camping-Urlaub kurz vor der Hauptsaison gut klicken, haben hierzulande einige Medien den Artikel übernommen.

Dass das Gesetz im Kern gar nicht so neu ist, scheint den meisten dabei entgangen zu sein. Das Verbot, sich mit einem Wohnmobil in der Nähe von Stränden oder archäologischen Stätten zu installieren, ist nämlich über 50 Jahre alt. Wirklich neu ist nur, dass ausdrücklich nicht mehr nur die Installation (εγκατάσταση) eines Wohnmobils an Stränden und anderen öffentlichen Plätzen verboten ist, sondern auch das Parken (σταθμευση).

Und genau gegen diesen Passus läuft der griechische Camper-Dachverband jetzt Sturm. Laut Kathimerini beabsichtigt der Hellenic Motorhome Club (HMC), rechtliche Schritte gegen die Verordnung einzuleiten. Allerdings scheint der Dachverband fälschlicherweise davon auszugehen, dass seine Mitglieder Ihre Wohnmobile nur noch auf Camping-Plätzen verlassen dürfen. Dass dem wohl nicht so ist, erfahren Sie in Antwort 2.

6) Rundumkreta schreibt zynisch. Die Bussen sind wirklich happig – ich habe von 3 Monaten Gefängnis für Wildcamper gelesen.

Bezahlen Sie einfach ihre 300 Euro, wenn Sie sich nicht an das Gesetz halten und die Polizei wirklich kontrollieren sollte. Dann dürfte Ihnen ein Gerichtsfall und 3 Monate Bau erspart bleiben. Das jedenfalls schreiben einigermassen seriöse Plattformen wie die schweizerische Onlinezeitung Nau oder auch der deutsche ADAC.

Das in Aussicht gestellte Strafmass ist übrigens ebenso wenig neu wie der Kern des Gesetzes (siehe Antwort 5). Selbst die Höchststrafe von 3 Monaten Gefängnis ist in älteren Versionen des Gesetzes bereits vermerkt.

Und dennoch dürfte es unter den Wohnmobil-Wildcampern, die man auf Kreta durchaus hie und da sieht, kaum jemanden, der von seinem Aufenthalt im Gefängnis von Neapoli berichten kann, nachdem er dabei erwischt worden ist, wie er sich und seinem Camper nach einer leichten Magenverstimmung ein Päuschen gönnte und sich am Kiosk eine Cola besorgte. Ansonsten finden Sie die Rundumkreta-Mailadresse unter Kontakt.

7) Was jetzt? Also «kriminalisiert» (Kreta TV) und «verfolgt» (Kathimerini) der griechische Staat Wohnmobil-Besitzer gar nicht?

Gegenfrage: Finden Sie auch, dass ein Staat Auto-Besitzer drangsaliert, weil er eine Busse für zu schnelles Fahren in Aussicht stellt?

Natürlich kann man die (gar nicht so neuen) Massnahmen immer noch als Schikane betrachten und von Verfolgung oder dem Untergang des alternativen Tourismus in Griechenland sprechen. Räusper.

Zugegeben, ich würde meinen Traum vom selbst umgebauten Van auch lieber mit meiner Laute auf dem Campingstuhl sitzend in der Bucht von Xerokampos verwirklichen als auf einem Campingplatz. Oder noch schlimmer: Zusammengepfercht im Van auf dem Lidl-Parkplatz in Ierapetra, wo die Küsse der Muse trockener sind als das Halva, das sie dort verkaufen.

Aber so sind nun mal die Spielregeln in Griechenland. Und vielleicht sind sie gar nicht so schlecht. Die griechische Regierung jedenfalls betont in einer Stellungnahme, dass das Gesetz dazu diene, Umwelt, Kultur und Altertümer zu schützen.

Also: Auch wenn Siiiiieeee Ihren Abfall natüüüüüürlich nie liegen lassen, und das sanfte Schnurren der Klimaanlage Iiiiiiiihres Campers garantiert keine kretische Baby-Wildziege (Kri-Kri) verschreckt – vielleicht ist das Gesetz dann einfach wegen allen anderen sinnvoll.

Aber auch die Guten unter den Wildcampern brauchen Ihre Hoffnung nicht verlieren. Oder glauben Sie etwa, dass auf Kreta das Parken im Kreisverkehr oder auf Hauptstrassen erlaubt ist?

Natürlich kann es sein, dass die Behörden Wildcamper im Zuge des «neuen» Gesetzes oder der medialen Berichterstattung strenger kontrollieren. Der Fall bei Akrata und der mediale Rummel scheinen ja doch dafür zu sprechen, dass sich irgendetwas geändert hat (siehe Antwort 5).

Aber mehr oder weniger kriminell als letztes Jahr sind Sie wahrscheinlich nicht, wenn Sie Ihren Camper auch kommende Saison im Schatten der Pinien in Strandnähe platzieren und Notdurft und Abfall später in einem Container am Strassenrand entsorgen.

8) Verfolgung oder nicht – die immer neuen Verbote reichen mir. Ich komme nicht mehr nach Kreta!

Albanien soll durchaus sehr schön sein, und in der Türkei ist das Essen sehr ähnlich wie auf Kreta.

In den meisten anderen europäischen Ländern herrscht dagegen eine ähnliche Gesetzeslage wie in Griechenland. Auch in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz ist Wildcampen grösstenteils verboten. Es bestehen jedoch Unterschiede zwischen einzelnen Bundesländern/Kantonen, und Sie finden möglicherweise ein Plätzchen, wo Sie sich Ihrer Freiheit nicht beraubt fühlen.

Aber so anders als in Griechenland ist es auch hierzulande in der Regel nicht: In der Stadt Bern etwa drohen bis zu 2000 Franken Busse, wenn man den Camper nicht in den dafür vorgesehen Flächen abstellt. Etwas günstiger ist es in Deutschland. Dort bezahlen Sie je nach Bundesland bis zu 200 Euro Busse, wenn sie wildcampen. Im Landschafts- oder Naturschutzgebiet müssen Sie unter Umständen 1500-2500 Euro hinblättern.

Vielleicht bleiben Sie Kreta und Griechenland also doch treu. Es lohnt sich garantiert. Die einzige Alternative zum Alternativ-Urlaub mit dem Wohnmobil ist nämlich nicht der All-In-Tourismus, in den Sie die griechische Regierung angeblich drängen will. Kreta hat auch wunderbare Agritourismus-Hotels oder kleinere Pensionen, die sich über Gäste freuen. Oder Sie suchen sich einfach in Elounda bei Agios Nikolaos eine Luxus-Suite, die in etwa dem Luxus Ihres «alternativen» Wohnmobils für an die 80’000 Euro entspricht.